| Wenn ein Regisseur den wichtigsten Preis der Branche und noch einige Auszeichnungen mehr abräumt und dann nach Hollywood geht, hat er in der Regel für wenigstens ein Projekt Kredit. Heißt: Er kann sich aussuchen, was er machen will. Florian Henckel von Donnersmarck, der seinen Oscar für das Stasi-Liebesdrama "Das Leben der Anderen" gern und ausdauernd öffentlich präsentierte, nahm sich viel Zeit für dieses nächste Projekt, seine erste internationale Produktion. Seine Wahl fiel schließlich auf "The Tourist", ein Remake des kleinen französischen Thrillers "Anthony Zimmer" von 2005. Das Drehbuch, an dem neben von Donnersmarck noch zwei weitere Oscar-Gewinner mitschrieben, verlegte die Agentenverwechslungsgeschichte nach Venedig, die Hauptrollen übernahmen Johnny Depp und Angelina Jolie, zeitweise waren Namen wie Tom Cruise und Charlize Theron im Umlauf. So weit, so gut, so vielversprechend. Aber: Was von Donnersmarck aus dieser "High End"-Produktion gemacht hat, ist letztlich doch eine Enttäuschung. "The Tourist" ist ein vor pittoresker Kulisse inszeniertes Verwirrspiel, das wunderschön fotografiert ist, aber weder viel Action und Spannung bietet, noch seinen Stars großen schauspielerischen Einsatz abverlangt. Dass Jolie die knallharte Einzelkämpferin draufhat, bewies sie zuletzt in "Salt". Hier wirkt sie wie ein kostbares, zerbrechliches Püppchen, das mal wie Audrey Hepburn und mal wie Sophia Loren hergerichtet wurde. Keine Frage, die Rolle der mysteriösen und eleganten Lady passt Jolie wie die Designerroben in Kindergröße, die sie im Film trägt. Die Story: Auf der Flucht vor Interpol spricht Elise (Jolie) einen amerikanischen Touristen an. Dieser Frank (Johnny Depp) weiß kaum, wie ihm geschieht, als diese tolle Frau sich im Zug von Paris nach Venedig zu ihm setzt. Sie nimmt ihn mit: in ihr Boot, ihr teures Hotel, ihre Suite - nur vor ihrem Schlafzimmer ist Schluss. Denn Elise ist auf Instruktion ihres Geliebten hier, des noch viel mysteriöseren Alexander Pearce, der die Milliarden eines Gangsters veruntreut hat und dem britischen Staat Hunderte Steuermillionen schuldet. Also verfolgen ihn die Finanzbehörde und russische Killer. Nur weiß keiner, wie Pearce aussieht. Und Tourist Frank ist das Ablenkungsmanöver. Dem Film fehlt die eigene Handschrift, Henckel von Donnersmarck scheint ihn mit angezogener Handbremse gedreht zu haben. Vielleicht war der Deutsche befangen durch die enorme Erwartungshaltung und den Glam seiner Stars. Es gibt Ansätze zu einer Genreparodie, wobei man sich fragt, ob die Komik (Bootsverfolgungsjagd bei gefühlten 10 km/h) nicht eher unfreiwillig ist. Ebenso finden sich Anklänge an Hitchcock und Bond (Ex-007 Timothy Dalton in netter Nebenrolle). Fazit: "The Tourist" ist irgendwie der Film eines Anderen, nicht der des Oscar-Gewinners. |
