Ein gutes Jahr (DVD-Kauf)
In Ein gutes Jahr erzählt Ridley Scott eine leichte Geschichte aus dem Süden Frankreichs. Die Bilder sind wunderschön, die Komödie ist es leider nicht
Komödie, USA, 2006
Originaltitel: A Good Year
Regisseur: Ridley Scott
Darsteller: Russell Crowe
Marion Cotillard
Albert Finney
Abbie Cornish
Tom Hollander
Freddie Highmore
Isabelle Candelier
Valeria Bruni Tedeschi
Jahr: 2006
Dauer: 118 Min.
FSK: 0
In einem sind sich der Finanzhai aus London und der abgerissene Weinbauer aus der Provence einig: Bei ihrer Arbeit, sagen beide unabhängig voneinander, komme es aufs Timing an, wie bei einer Komödie. Vielleicht hätte der Regisseur mehr auf die Herren hören sollen. Der Business-Mann ist Russell Crowe, ehedem das seelisch angeknackste Mathe-Genie aus "A Beautiful Mind", der in den Überlebenskampf verbissene Boxer aus "Das Comeback" oder der "Gladiator". Nun dirigiert er als Arschloch von einem Broker die Dollar-Millionen seiner Kunden und macht sich mit moralisch inkorrekten Deals in der Geld-Zentrale London unbeliebt. Ein Profil wie maßgeschneidert für den Mann, der so entsetzlich ernst und zornig gucken kann. Das einzige Problem für Russell Crowe: Diesmal soll er witzig sein. Sein Max Skinner ist Herrscher über eine Horde hektischer Krawatten-Karrieristen, die er "Laborratten" nennt, ein gekünstelt unschönes Wort, das erzwungen komisch klingt und ebenso wenig erheitert wie die auf Tempo und derbe Pointen getrimmte Inszenierung. Inmitten der Kampfhandlungen um Aktienankauf- und -verkauf erhält Max Skinner eine Nachricht, die sein Leben umkrempeln soll, nicht aber seine Lebensweise. Eine Erbschaft ruft ihn nach Frankreich in die Provence, wo sein verstorbener Onkel Henry ein Weingut betrieb, das nun, daran zweifelt sein neuer Besitzer nicht eine Sekunde, möglichst schnell und teuer verkauft werden soll. Wie wenig Sinn der britische Money-Man für diese Immobilie hat und wie er damit zu verfahren gedenkt, versinnbildlicht eine Tomate, die er im Vorbeigehen wie einen Apfel isst, oder eher frisst, mit fatalen Folgen für sein blütenweißes Office-Hemd. Geringschätziger geht's nicht. Das verfallende Château im Süden Frankreichs ist der Hauptschauplatz des 118 Minuten langen Films. Die Zeit ist, wie an allen romantischen Plätzen, über diesen Ort hinweggegangen, sie hinterlässt einen vermoosten Tennisplatz, einen vermoderten Swimmingpool und den strubbelbärtigen Weinbauern Duflot (Didier Bourdon) und seine Frau, die ihrem verstorbenen Herrn über den Tod hinaus dienen und das Haus und die Weinreben liebevoll-nachlässig bewirtschaften. Skinner kennt die beiden aus seiner Kindheit, da er hier die Sommer bei seinem Onkel (Albert Finney) verbrachte. In Rückblenden erzählt der Film aus den Siebzigerjahren, und wir sehen den kleinen Max (Freddie Highmore), wie er mit dem Maxply, dem Kult-Tennisschläger der Epoche, gegen Henry antritt. Unbeschwert schöne Zeit. Leider dauert es gut anderthalb Stunden, bis Max Skinner den unvermeidlichen Turnaround vollzieht, das Anwesen doch nicht verkauft und sich zum Leben auf dem Lande bekennt. Leider deshalb, weil bis zu diesem Moment Skinners schnell tickende innere Uhr (London-Time) den Rhythmus dieser Komödie bestimmt. Mit der Folge, dass der Film dem zauberhaften, lieblichen, fragilen Wesen dieser Kulturlandschaft so fremd bleibt wie die Hauptfigur. Auch wenn die Farben noch so warm sind, sie lassen einen kalt. Natürlich ist auch eine schöne Französin mit im Spiel, eine Kellnerin namens Fanny (Marion Cotillard), die Max letztlich an die provenzalische Scholle bindet. Vervollständigt wird das Spektrum der Temperamente durch den (überflüssigen) Auftritt eines blonden US-Girls (Abbie Cornish), das als Henrys uneheliches Kind auf der Suche nach seinen Wurzeln in Frankreich aufkreuzt. Regisseur Ridley Scott hat sich immer wieder als virtuoser Landschaftsmaler ("Gladiator", "Königreich der Himmel") hervorgetan, und schöner als in "Ein gutes Jahr" lässt sich auch der Provence-Herbst, die Zeit der Weinlese, nicht fotografieren. Die Toskana-Fraktion unter den Kinogängern wird entzückt sein. Selbst Weingutbesitzer in Frankreich, ist der Brite Scott also mit dem Milieu vertraut. Und auch mit der Handlung des Films. Sie basiert auf dem Roman von Peter Mayle, der mit dem Regisseur befreundet ist und von Scott erst zu dem Buch inspiriert wurde. Wie unter diesen Umständen eine Komödie derart tief in Franzosen-Klischees (Rotwein, Baguette, R4) versinken kann, bleibt ebenso das Geheimnis der Macher wie die Besetzung des schauspielerischen Schwergewichts Russell Crowe in einer leichtgewichtigen Komödie. Ein Film mit großem Entree und ganz flachem Abgang.